Ignaz Moscheles

(1794-1870)


Ignaz (Isaak) Moscheles kam am 23.5.1794 in Prag als Sohn des Tuchhändlers Joachim (Chaim) Moscheles und seiner Frau Klara, geb. Lieben zur Welt. Er hatte 5 Geschwister, von denen sein Bruder Solomon bereits im Alter von einem halben Jahr starb. Sein Vater, ein musikbegeisterter Amateur, ließ zunächst der älteren Schwester Henrietta Klavierstunden geben, aber als der jüngere Bruder sich als erheblich musikalischer erwies, ermöglichte der Vater dem Jungen ab 1803 sehr weitsichtig Klavierstunden bei dem renommierten Klavierlehrer Friedrich Dionys Weber, dem späteren Leiter des Prager Konservatoriums (1811-42). Weber galt als konservativ eingestellter Lehrer, sein klares Credo: im 1. Jahr Mozart, im 2. Jahr Clementi, im 3. Jahr Bach. Es ist nicht ausgeschlossen, dass Moscheles eigener kompositorischer Konservatismus, aber auch seine große Liebe zu einigen Größen des Barock in dieser Lehrzeit bei Weber gelegt wurde. Schon 1807 spielt Moscheles sein erstes öffentliches Konzert, was sein Vater nicht mehr erlebte, er war bereits 1805 an Typhus verstorben. Ein weiterer Auftritt ist bekannt aus dem März 1808, kurz danach verließ Moscheles, gerade 14 Jahre alt, seine Heimatstadt Richtung Wien, ganz allein, ohne jegliche Begleitung. In Wien aber wurde er in der großen, überaus wohlhabenden jüdischen Gemeinde aufgenommen, die sich infolge des Toleranz-Edikts Joseph des II. hatte etablieren können. Naturgemäß halfen ihm seine überragenden pianistischen Fähigkeiten bei der Integration, aber auch sein immer wieder betontes freundliches, bescheidenes und ruhiges Auftreten, das mit einer fast grenzenlosen Energie gepaart war, erwies sich auch für die Zukunft als sehr positiv, denn die in Wien geknüpften Verbindungen und die daraus resultierenden Empfehlungen und Verbindungen halfen Moscheles  spürbar beim Aufbau seiner internationalen Karriere. Typisch für den jungen Mann, dass er in Wien zunächst seine Ausbildung ergänzte, Unterricht bei zwei der wiederum renommiertesten Lehrer vor Ort nahm: bei Johann Georg Albrechtsberger ließ er sich in Kompositionstheorie schulen, bei Antonio Salieri in der Kunst des dramatischen und lyrischen Satzes. Sein Talent und seine Fähigkeiten lassen sich daran ermessen, dass Salieri den 17jährigen Moscheles zum Assistenz-Dirigenten am Kärtnertortheater machte, einem der Vorläufer der Wiener Staatsoper. Diese Position übte der Noch-Teenager von 1811-13 aus.  

Moscheles machte in den Wiener Jahren die Bekanntschaft zahlreicher Komponisten, darunter Giacomo Meyerbeer, Mauro Giuliani, Johann Nepomuk Hummel, Ludwig Spohr und natürlich Ludwig van Beethoven, unter dessen Aufsicht er 1814 den Klavierauszug des Fidelio anfertigte. Es folgte die Zeit des Wiener Kongresses, der in der Zeit von September 1814 bis Juni 1815 stattfand und in der die Stadt von Veranstaltungen, Banketten, Konzerten, Bällen aller Art geradezu überschwemmt wurde. In diese Zeit fällt Moscheles` Komposition ´Variationen über Alexanders Marsch für Klavier und Orchester op. 32`, die er am 8. Februar 1815 zum ersten Mal vorstellte und mit der er für geraume Zeit identifiziert wurde, die aber auch dafür sorgte, dass er in Wien zu den gefragtesten Klavierlehrern und Pianisten gehörte. Diese Stellung füllte er unter Einschluss der Honorare für Auftritte und Kompositionen mit so großem Erfolg aus, dass er die Hoffnung seiner Familie auf dauerhafte finanzielle Unterstützung sehr gut erfüllen konnte. Bei der überwiegenden Zahl seiner Kompositionen aus der Wiener Zeit handelt es sich um Klavierstücke, die man vollkommen zurecht als Salonstücke bezeichnen kann. Von seinen insgesamt 6 Klaviersonaten schrieb Moscheles 4 in Wien, neben der ´Sonata caractéristique B-Dur op. 27` ragt eindeutig die ´Große Sonate Es-Dur für Klavier zu 4 Händen op. 47` heraus, daneben sind zwei Kammermusikwerke aus der Wiener Zeit interessant: das ´Grand Duo Concertant für Klavier und Gitarre op. 20` und das ´Grosse Sextett op. 35`.

Ab 1816 bis hinein in das Jahr 1825 unternahm Moscheles Konzertreisen u.a. nach München, Dresden und Leipzig, dazu besuchte er z.B. Amsterdam und Brüssel und viele andere Städte, darunter natürlich auch seine Geburtsstadt Prag. Aber nicht nur der Solist Moscheles wurde in diesen Jahren zur europäischen Berühmtheit, auch der Komponist gewann immer mehr Anerkennung, insbesondere seine Klavierkonzerte, von denen Nr. 1 F-Dur op. 45, Nr. 2 Es-Dur op. 56, Nr. 3 g-moll op. 58 und Nr. 4 E-Dur op. 64, aber auch zwei weitere Klaviersonaten (die Grosse Sonate für Klavier E-Dur op. 41 und die  Sonata mélancolique fis-moll op. 49) in diesen Jahren entstanden, hatten erheblichen Anteil an seinem wachsenden Ruhm. Bei den wenigen Werken für Kammerbesetzung ragt die Komposition Fantasie Variationen und Finale für Klavier Violine Klarinette und Cello op. 46 heraus.

Von den beiden Hauptzentren des damaligen Musiklebens, Paris und London, hatte sich Moscheles zunächst ferngehalten, bis er sich ausreichend anerkannt und gewappnet fühlte, dem kritischen Publikum der beiden Städte zu begegnen, aber nach 4 Jahren erfolgreicher Reisetätigkeit machte er diesen überfälligen Schritt: Zunächst verbrachte er 5 erfolgreiche Monate in Paris von Ende 1820 bis Mai 1821, von dort ging es direkt weiter nach London, freundlich empfangen von den Kollegen Cramer, Ries und Kalkbrenner, (später lernte er in London auch Clementi kennen) und wurde sofort eingebunden in die Konzertreihe der Royal Philharmonic Society.

1824 traf Moscheles in Berlin Felix Mendelssohn und gab dem 15jährigen Klavierunterricht. Aus dieser Begegnung entwickelte sich eine sehr enge, lebenslange Freundschaft. Nach einem Konzert am 24. Januar 1825 in Hamburg lernte Moscheles Charlotte Embden kennen, die er am 1. März desselben Jahres heiratete. Es ist nicht sicher, ob er sich aus diesem Anlass taufen ließ, fest steht hingegen, daß alle 4 Kinder des Paars evangelisch getauft wurden.  Noch im selben Jahr liessen die Eheleute sich in London nieder, wo Moscheles einerseits an der Royal Academy of Music unterrichtete und andererseits als Dirigent und später Co-Direktor bei der Royal Philharmonic Society wirkte. Besonders für Beethoven setzte er sich immer wieder ein, z.B. mit der englischen Erstaufführung der ´Missa Solemnis` im Jahr 1832 oder diversen, viel beachteten Präsentationen der 9. Sinfonie. Daneben zeigte er sich durch die Gründung der sog. Classical Chamber Concerts und der Historical Soirées sehr interessiert am neu erwachten Interesse an Alter Musik, indem er im Rahmen dieser Konzerte Werke u.a. von Bach und Scarlatti auf dem Cembalo vortrug. Diese Einrichtungen endeten 1840, als Moscheles sich vom öffentlichen Auftreten als Klaviervirtuose zurückzog, aber weiterhin sehr intensiv seiner kompositorischen Tätigkeit nachging. In die londoner Jahre fallen neben zahlreichen ´Salonstücken` wie Nocturnes, Polonaisen, Impromptus etc so wichtige Werke wie die Klavierkonzerte Nr. 5 C-Dur op. 87, Nr. 6 B-Dur op. 90, Nr. 7 c-moll op. 93, Nr. 8 D-Dur op. 96, seine beiden Werke für Orchester, die Sinfonie F-Dur op. 81 und die Jeanne d`Arc-Overtüre op. 91, beide totale Misserfolge. Im Kammermusikbereich kamen das Grand Trio c-moll op. 84 und das Septett op. 88 hinzu, völlig neu aber waren die hauptsächlich für den pädagogischen Bereich gedachten Werke, von den hervorzuheben sind die 12 Charakteristischen Studien op. 95.  

Felix Mendelssohn war in London häufig zu Gast bei seinem Freund Ignaz Moscheles und so liegt die Annahme nahe, dass Mendelssohn ihm immer wieder über die beruflichen Möglichkeiten des 1843 gegründeten Leipziger Konservatoriums berichtete - 1846 war es dann soweit: Moscheles verliess London und zog mit seiner Familie (das Paar hatte inzwischen vier Kinder) nach Leipzig und wirkte dort bis an sein Lebensende als Klavier-Professor (sein offizieller Titel lautete: Oberleitung des Pianoforte-Studiums). Zu seinen bekanntesten Schülern zählten Zdenek Fibich, Edvard Grieg und Arthur Sullivan. Moscheles blieb neben seiner Lehrtätigkeit weiterhin ein sehr aufmerksamer Beobachter der Musikentwicklung, beschäftigte sich z.B. sehr intensiv mit dem Werk von Franz Liszt. Seine Kompositionstätigkeit beschränkte sich in den leipziger Jahren fast ausschließlich auf kleinere Stücke für den Hausgebrauch, die Ausnahmen von dieser Haltung stellen die Grande Sonate Symphonique op. 112, die Cellosonate D-Dur op. 121 dar. Moscheles starb am 10. März 1870 in Leipzig.



KONZERTE

Klavierkonzerte

Die Klavierkonzerte – 8 an der Zahl – gehörten zu Moscheles Lebzeiten zu seinen beliebtesten und meistgespielten Kompositionen, wohlgemerkt nicht nur vom Komponisten selbst, allerdings nur bis zum Ende des 19. Jahrhunderts. Ihre folgende Missachtung ist höchst bedauerlich, glücklicherweise sind sie inzwischen komplett auf Tonträger zu erhalten.

 

Klavierkonzert Nr. 1 F-Dur op. 45

Klavierkonzert Nr. 2 Es-Dur op. 56

Das erste Konzert kann man getrost als Jugend-, Übungswerk bezeichnen, es ist für ein kleines Orchester komponiert und relativ kurz. Anders bereits Konzert Nr. 2, veröffentlicht 1825. Die Sätze lauten: Satz 1: Allegro moderato, Satz 2: Adagio, Satz 3: Tempo di Polacca. Satz 1 beginnt im Orchester mit 2 Einleitungsakkorden, dann wird das marschartige Thema 1 vorgestellt und im Orchester weitergesponnen, nach geraumer Zeit nimmt das Klavier das Thema mit verschiedenen Verzierungen versehen auf, nach einer Übergangspassage, in der zum Ende Thema 2 leise andeutet, erklingt dann Thema 2 fast ausschließlich im Klavier; es folgt eine lange Passage, die durchaus als Thema 3 angesehen werden kann, denn Moscheles benutzt diese schnellen Läufe noch einmal als Übergang vor der Coda. Erst einmal beginnt die Durchführung, in der beide Themen kurz aufgriffen werden, die Reprise wiederholt die Themen inclusive des dritten mit seinen nochmal beschleunigten Läufen (con fuoco), schließlich sorgt das Orchester für den kraftvollen Schluß. Satz 2 wird sehr stark vom Klavier bestimmt, eine Reihe von Motiven erscheint bis zum Eintritt eines Gedankens, der dann nach Wiederholung in eine kurze Kadenz mündet. Satz 3 ist formal ungewöhnlich, Moscheles hat diesen Satz aus einer früheren Komposition, einer Polonaise für Solo-Klavier übernommen und nicht die übliche Rondo-Form gewählt. Besondere Beliebtheit erreichte dieser Satz durch die ausgiebige Verwendung der Kesselpauke.

 

Klavierkonzert Nr. 3 g-moll op. 58

Das zu Moscheles Lebzeiten beliebteste seiner Klavierkonzerte, vollendet 1817 während einer Tournée in Amsterdam, zunächst mit einer Streichquintett-Begleitung herausgegeben, die Orchesterfassung erschien 1828. Die 3 Sätze sind bezeichnet: Satz 1: Allegro moderato, Satz 2: Adagio, Satz 3: Allegro agitato. In Satz 1 wird ganz allmählich ein ausdrucksvolles Thema entwickelt, das dann leise im Orchester vollständig vorgestellt wird. Das Klavier nimmt es auf, ein wenig verspielter und danach taucht ein zweiter Gedanke auf, in der Stimmung sehr ähnlich und diese beiden Gedanken – mit dem Primat des Thema 1 – ziehen sich durch den ganzen Satz, fragmentarisch und miteinander vermischt, eine neue Erfahrung bei Moscheles. Satz 2 ist gespickt mit sehr viel pianistischer Ornamentik, ganz ruhig gleitet das Geschehen dahin, erst zum Ende, kurz vor dem attacca-Übergang zum Schlußsatz, erklingen 2 Orchester-Tutti, so, als ob wir uns besser nicht an die Idylle gewöhnen sollten. Satz 3 beginnt springlebendig, ein neues Thema im Orchester taucht auf, dann noch eins im Klavier, abgeleitet vom Thema 1, dann das Anfangsthema wieder, dann, eingeleitet von den Akkorden aus dem ersten neuen Thema, beginnt eine ruhige Passage wie eine Reminiszenz an den 2. Satz, Orchesterschläge dazwischen, ein Übergang zur erneuten Aufnahme von Thema 1, das auch, beschleunigt, die Coda beherrscht. Formal ein schwer zu fassender Satz: erweiterte Rondoform mit Fantasie-Teilen, thematisch weiter gefasst als ABACABA und zudem von der Stimmung durch den ruhigen Teil zwiespältig analog Satz 2.

 

Klavierkonzert Nr. 4 E-Dur op. 64

Das Konzert wurde 1823 veröffentlicht, es ist dreisätzig, Satz 1: Allegro maestoso, Satz 2: Adagio, Satz 3: Rondo – Allegretto, Tempo di Marcia. Das Orchester stellt in Satz 1 beide Themen vor, das erste kraftvoll, markant, das zweite lyrisch. Beide werden leicht variiert wiederholt, dann setzt das Klavier ein und fantasiert ausführlich über Thema 1, ruft uns daraus herauswachsend noch einmal Thema 2 in Erinnerung, um wieder in eine Art verspielter Fantasie zu münden, dann nach fast 6 Minuten Klavier fast ohne Orchesterbeteiligung, meldet sich das Orchester zurück mit Thema 1, es wird vom Klavier aufgenommen und abgewandelt, danach beginnt so etwas wie eine Reprise in diesem ungewöhnlich aufgebauten Sonatensatz, denn nach den beiden Themen geht es wieder eher durchführungsartig weiter, schließlich beendet Thema 1 im Orchester schwungvoll diesen Satz. Satz 2 wird von den Hörnern eröffnet, das Klavier greift das Thema auf und beherrscht von nun an fast allein die Bühne, dabei das Thema permanent umspielend, variierend. Satz 3 basiert thematisch auf dem bekannten ´British Grenadiers March`, der vom Klavier vorgestellt und dann vom Orchester übernommen wird und die Rolle des Ritornells im Rondo übernimmt, was die besondere Beliebtheit des 4. Klavierkonzerts beim britischen Publikum verständlich macht.

 

Klavierkonzert Nr. 5 C-Dur op. 87

Dieses Konzert – entstanden zu Beginn der londoner Zeit – gehört stilistisch noch zu den ´mittleren` Konzerten, die 3 letzten – 8 Jahre später geschrieben – haben stärkere romantische Untertöne als die eher klassisch geformten Konzerte 1-5. Es besteht aus den 3 Sätzen Allegro moderato, Adagio non troppo, Allegro vivace. Der erste Satz ist ein Sonatenhauptsatz, das Orchester leitet ausführlich ein, das Klavier übernimmt, verziert, variiert, nur in der Reprise gibt es eine kleine formale Überraschung, als verkürzt zunächst das 1. Thema im Orchester erklingt und gleich darauf das Klavier Thema 2 aufgreift. Die Themen dieses ansonsten traditionell gebauten Satzes sind leider nicht sehr prägnant. Satz 2 variiert ein ruhiges vom Orchester vorgestelltes Thema, das später vom Klavier aufgegriffen und erweitert wird; in der Mitte des Satzes tritt noch ein Horn-Motiv hinzu, das die ruhige, leicht melancholische Stimmung eher noch verstärkt. Im gegensätzlich springlebendigen 3. Satz ist eine Struktur nicht wirklich zu erkennen, diverse Motive, von denen eines nach Art eines verkappten Ritornells immer wiederauftaucht, wechseln sich stetig ab.

 

Klavierkonzert Nr. 6 B-Dur op. 90

Abgesehen davon, dass Moscheles seinen letzten 3 Klavierkonzerten romantisierende Namen gab (Nr. 6 hat den Beinamen Concerto fantastique), fallen im B-Dur-Konzert weitere Neuerungen ins Auge: das Konzert ist durchkomponiert, viersätzig – Tempobezeichnungen: Allegro con spirito, Andante expressivo, Allegro agitato und Vivace (es ist allerdings möglich, Satzteile 3 und 4 als Einheit zu betrachten) und die Sätze 1, 3 und 4 sind durch ein Triolenmotiv thematisch verknüpft. Insbesondere die Viersätzigkeit war für die Zeit um das Jahr 1830 ungewöhnlich und leuchtete selbst Schumann nicht ein, denn, obwohl er die Qualität der Melodien lobte, kritisierte er die Form: ´Scheint es auch nicht unmöglich, in ihr ein wohlthuendes Ganzes zu erzeugen, so ist die ästhetische Gefahr zu groß gegen das, was erreicht werden kann.`  Aber auch die Verknüpfung der Themen, insbesondere mit Teil 3, sah Schumann als gezwungen an, verbunden aber mit der Hoffnung auf Moscheles` nächstes Konzert, Name ´pathetique`. Ein Drei-Noten-Motiv im Orchester eröffnet das Konzert, zunächst staccato, gleich darauf beruhigt und legato. Der Pianist führt dieses Motiv fort, schließlich mündet es in eine weitere gemeinsame lyrische Ausformung des Themas. Jetzt ist erstmal der Pianist an der Reihe bis das Orchester eingreift mit der schon erwähnten Triolenpassage, noch einmal erklingt das erste Motiv, dann gleiten wir hinüber ins Andante, das am Ende in eine scherzoartige Passage mündet, die sich als Übergang in den letzten Satz entpuppt und auf Motiven des ersten Satzes basiert. Der Schlußsatz steckt voller guter Moscheles-Laune, noch einmal hören wir im Orchester das Triolenmotiv kurz vor Ende des Satzes.

 

Klavierkonzert Nr. 7 c-moll op. 93

Dieses Konzert mit dem Beinamen ´pathétique` erklang zum ersten Mal komplett (den ersten Satz spielte Moscheles bereits im Mai 1835 in London) im Oktober 1835 in Leipzig und ist formal an das klassische Muster angelehnt in der für Moscheles inzwischen typischen harmonischen Erweiterung. Die Sätze sind bezeichnet:  Satz 1: Allegro maestoso e moderato, Satz 2: Allegro agitato, Andante espressivo, Allegro agitato, Andante, Satz 3: Allegro con brio, wobei Satz 2 attacca in den Schlußsatz mündet. Über leisen Paukenschlägen stellt die Klarinette das erste Thema vor, es wird wiederholt, dann folgt eine Orchester-Tutti-Passage, mit Einsatz des Klaviers erscheinen wieder die Paukenschläge, viele Verzierungen, dann erst taucht eine Art 2. Thema auf, aber auch die Überleitung vom Beginn ist noch einmal zu hören. Die Strukturen werden von Moscheles bewusst verschleiert hinter zahllosen Verzierungen, der Satz klingt wie eine permanente Durchführung, zum Schluss kommen die Paukenschläge zurück und leiten das Ende des Satzes ein. Höchst originell ist Satz 2 in seiner Vermischung von Scherzo und langsamem Teil: eine kurze Scherzo-Einleitung geht über in ein ausdrucksvolles Andante, noch einmal taucht kurz das Scherzomotiv auf, dann übernimmt wieder das Andante mit einer thematischen Integration des Scherzothemas, aus dem sich dann organisch der Schlußsatz entwickelt. Dieser Satz beginnt überraschend mit einer c-moll Variation des Scherzo-Themas. Im wesentlichen aber wird dieser Satz getragen vom Thema 2, auch wenn am Schluß des Satzes beide Themen sich die Bälle regelrecht um die Ohren werfen.

 

Klavierkonzert Nr. 8 D-Dur op. 96

Analog Konzert Nr. 6 ist auch das 8. Klavierkonzert mit dem Beinamen ´pastorale`, das 1838 veröffentlicht wurde, durchkomponiert und weist zugleich 3 klar voneinander abweichende Abschnitte auf. Teil 1: Andante con moto – Allegretto, Teil 2: Adagio, Teil 3: Allegretto. Die Bezeichnung macht schon deutlich: es beginnt mit einer langsamen Einleitung, die fast unmerklich in den drei Achtel Rhythmus des Allegretto-Hauptsatzes übergeht, in dem sich allmählich ein tänzerisch geprägtes Motiv herauskristallisiert, das wesentlich vom Klavier getragen wird. Den Übergang zum Adagio übernimmt auch das Klavier mit stockenden Schritten hin zu einem zunächst von den Streichern vorgetragenen ausdrucksvollen Thema, das dann das Klavier verspielt-verziert, in typischer Moscheles-Manier übernimmt. Zum Schlußsatz gibt es keinen kompositorischen Übergang, der letzte Teil beginnt schlicht ohne Pause mit einem quirligen Dialog zwischen Orchester und Klavier, der am Schluß des Satzes im Zusammenspiel mit Hornrufen das Thema des ersten Satzes aufgreift und schwungvoll beendet.

 

Alexanders Marsch für Klavier und Orchester op. 32

Geschrieben in wenigen Tagen zu Beginn des Jahres 1815, ist Moscheles` op. 32 im besten Sinne ein Bravourstück, das seinen frühen Kompositionsstil sehr gut kennzeichnet. Es beginnt mit einer Adagio-Einleitung, nach Tutti-Akkorden verspielt und gefällig im Piano; es folgen nach der Vorstellung des Hauptthemas zunächst im Klavier, dann im Orchester 6 Variationen. In der ersten wird das Thema schier endlos von einer gleichförmigen Klavierpassage umspielt, in der zweiten sorgt das Klavier für einen leichten, hüpfenden capriccioartigen Ton, während die dritte Variation – überschrieben con fuoco – einen kräftigeren Ton anschlägt. Variation 4 – Di bravura – ist extrem schwer zu spielen durch die Gegenläufigkeit von Terzen in der rechten, dem Marschthema in der linken. Mit der 5. Variation werden die Dinge keineswegs einfacher, Moscheles gibt hier sogar Interpreten durch einen Hinweis in der Partitur die Möglichkeit, sich Erleichterung zu verschaffen bei den einem Perpetuum mobile gleichenden Sechszehntelläufen. Die ersten 5 Variationen werden jeweils mit dem Marschthema oder einer Variation im Orchester abgeschlossen. Nicht so jedoch Variation 6, überraschend ein Adagio in moll und fraglos der wertvollste Teil des Werks. Ganz zart geht das Ende des Adagios in den ausgedehnten zunächst ebenfalls piano beginnenden Schlussteil über, der sich allmählich immer weiter steigert.

Eine komplette Einspielung aller 8 Konzerte einschliesslich kleinerer Werke hat der englische Pianist Ian Hobson zugleich als Dirigent der Sinfonia da Camera auf 4 CDs vorgelegt (Zephyr Records Z151-11, Z119-01, Z127-04, Z116-99).


KLAVIER

Sonata caractéristique B-Dur op. 27

Der Titel dieses Stücks lautet ´Empfindungen in Wien bei der Rückkehr seiner Majestät Franz I., Kaiser von Österreich im Jahr 1814`. Satz 1 betont im Untertitel noch einmal direkt die Freude über die Rückkehr des Kaisers, Satz 2 variiert das bekannte Volkslied ´Freut euch des Lebens`, Satz 3 feiert das glückliche Österreich mit einem Walzer in einer Mischung aus Sonatenform und Rondo. Diese formale Anlage zusammen mit den programmatischen Überschriften deuten ganz leise kommende Entwicklungen der 1830er Jahre mit der Abkehr von der reinen Klaviersonate hin zu freieren Formen an.

 

Grosse Sonate für Klavier E-Dur op. 41

Geschrieben 1816 und seinem Idol Beethoven gewidmet, zeigt diese Sonate deutlich, welche Fortschritte der Komponist Moscheles bis hierher gemacht hatte. Die Sätze lauten wie folgt: Satz 1: Allegro con spirito, Satz 2: Menuetto e Scherzo – Allegro molto, Satz 3: Romance – Andante espressivo, Satz 4: Rondo scherzando – Allegro ma non troppo. Zunächst fällt im 1. Satz auf, dass das 1. Thema erstaunliche Ähnlichkeit mit dem 1. Thema der Sonate op. 47 besitzt, aber dieser Eindruck wird mit Eintritt des lyrischeren 2. Themas unwichtig, da es gleichermaßen durch eine große Sext eingeleitet wird und so zu einer thematischen Vereinheitlichung beider Themen führt. Dies wird wichtig in der Durchführung, in der zunächst Thema 1 bestimmend ist, dann aber vom 2. Thema abgelöst wird und auf einem langen Weg in die Reprise führt. Das Scherzo bietet, abgesehen von einem doppelten Trio, keine Besonderheiten. Der 3. Satz ist nicht umsonst Romance überschreiben, das Thema des Variationssatzes wird con delicatezza oder auch con amore gefordert, die eine romantische Grundstimmung nahelegen, die wenigen Aufschwünge allerdings sind technisch anspruchsvoll. Der Schlußsatz – Rondo überschrieben – beginnt im dreiachtel Takt, wechselt dann in zwei Viertel einmalig im Mittelteil, der 2. Teil wird dann bis zum Schluß ausschließlich vom Grundthema beherrscht.

 

Sonata mélancolique fis-moll op. 49

Erste Arbeiten an diesem mit 10 Minuten recht kurzen Werk gehen auf das Jahr 1814 zurück, veröffentlicht wurde die Sonate 1822. Die Einsätzigkeit, die Bezeichnung mélancholique und die Markierung Largamente con passione, dazu noch ein 12 Achtel Takt, deuten auf eine romantische Atmosphäre. Ungewöhnlich ist auch die Form: 5 Motive stellt Moscheles in einer ausgedehnten Exposition? vor, 3 davon verarbeitet er im Mittelteil (Durchführung?), alle 5 erscheinen in unveränderter Reihenfolge in der Reprise. Motiv 1 – eine ausdrucksvolle Melodie, Motiv 2 – ein grummelnder Bass, teilweise unterlegt mit Motiv 1, Motiv 3 erst piano, dann volltöniger, Motiv 4 Sechszehntelläufe – man hat den Eindruck, dass sich das Tempo verändert, es sind aber nur die Notenwerte, Motiv 5 eine kleine Melodie, die ins Nichts verschwindet.

 

Preziosa-Variationen für 2 Klaviere c-moll op. 87b

Ein Joint-Venture von Moscheles und Felix Mendelssohn als Finale eines gemeinsamen Konzerts im Jahr 1833 und eine erste Huldigung für Carl Maria von Weber, eine zweite wird folgen mit op. 102. Nach Moscheles stammen die Einleitung und die beiden ersten Variationen von Mendelssohn, Variation 3 u. 4 sowie die Verbindungsteile von Moscheles, das Ende wiederum wurde brüderlich geteilt: das Allegro stammt von Mendelssohn, der piu-lento-Teil von Moscheles. Dieses Stück gehört im weitesten Sinne zu den sog. Salon-Stücken, also pianistisch-virtuosen Darbietungen ohne Tiefgang, besitzt aber allein schon durch den Bezug zu Weber eine Qualität, die nicht nur den frühen Hörern (das Stück war viele Jahre lang sehr beliebt), sondern auch den heutigen Interessenten gefallen sollte. 


24 Etüden op. 70

1827 veröffentlicht, haben diese 24 Stücke stark didaktischen Charakter – Untertitel: ´zur höheren Vollendung bereits ausgebildeter Klavierspieler` -, sind dabei technisch sehr anspruchsvoll, ohne den Schwierigkeitsgrad der Etüden von Chopin, Schumann oder Liszt zu erreichen. Sie wandern durch alle Tonarten, meist zwischen Dur und Moll wechselnd, dabei überwiegen naturgemäß die schnellen, brillianten Teile, lyrische Momente bleiben in der Minderzahl (Nr. 4, 9, 10, 16, 17 und 20).

 

12 Charakteristischen Studien op. 95 

Genau wie die Etuden op. 70 geschrieben für den Gebrauch im Unterricht sind diese Stücke (Zusatz-Bezeichnung: zur höhern Entwickelung des Vortrags und der Bravour) mit Titeln versehen von ´Zorn` über das beliebte ´Kindermärchen` bis hin zu ´Mondnacht am Seegestade` und am Schluß ´Angst`. Mit dieser sehr variablen Sammlung befindet Moscheles sich in bester Gesellschaft des romantischen Etüden-Stils am Anfang des 19. Jahrhunderts.

 

Große Sonate Es-Dur für Klavier zu 4 Händen op. 47

In Moscheles` Lebenszeit eine seiner meistgespielten Kompositionen, die in Frankreich besondere Aufmerksamkeit erfuhr, weil der Komponist sie 1839 gemeinsam mit Frederic Chopin für die königliche Familie in St. Cloud spielte. Dieses Werk aus dem Jahr 1816 spricht eine völlig andere Sprache als die drei Sonaten-Vorläufer, ein Kenner der vierhändigen Literatur wie Klaus Börner spricht von einem ´Meisterstück`.

Das Werk beginnt kraftvoll mit einem rhythmisch bestimmten Thema, das schon hier durch Verkürzung gekennzeichnet ist, dann geht es in einen Plauderton über, der aus dem 2. Teil der ersten Takte abgeleitet ist und führt schließlich in Thema 2, der bestimmende Rhythmus des Anfangs kehrt zurück und leitet über in die Wiederholung der Exposition. In der Durchführung erscheint zunächst Thema 1, melodisch völlig anders, aber am Rhythmus sofort erkennbar. Dann aber Thema 2, nach g-moll abgewandelt, nochmal kommt Teil 1, geht über in die Reprise, die beide Themen in ihrer Originaltonart aufnimmt. Satz 2, eine Allegretto quasi Allegro steht in der Rondoform ABACAB Coda, das Ritornell A steht zu Beginn in g-moll, wechselt aber schnell nach Dur. Insgesamt werden die Teile stark, fast durchführungsartig variiert. Der letzte Satz beginnt Adagio mit einer ausgedehnten langsamen Einleitung, die fast den Charakter eines eigenen Satzes bekommt, zwar monothematisch angelegt, aber mit einigen Varianten durchsetzt. Das Schlußallegro setzt attacca ein mit einem Thema, das entfernt an den Beginn des ersten Satzes erinnert, das 2. Thema ist leider weniger prägnant. Beide Themen werden ausführlich in der Durchführung verarbeitet, die Reprise ist verkürzt, die Coda basiert auf dem ersten Teil des Hauptthemas und schließt den Satz vollgriffig ab.

 

Grand Duo G-Dur für 2 Klaviere op. 92 - Hommage à Händel

Grand Duo für Klavier zu vier Händen op. 102 – Hommage à Weber

Eine gelungene Mischung aus der Kombination von barocken, klassischen und romantischen Elementen gehörte auch das op. 92 zu den beliebten Werken von Moscheles, der es häufig aufführte mit Partnern wie Mendelssohn, Liszt oder Cramer. Nach einer langsamen Einleitung mit deutlichen Händel-Anklängen (z.B. punktierte Rhythmen) übernehmen zwei Themen, eines eher kraftvoll, fast grave, das zweite mozartisch verspielt. Nach einer kurzen Durchführung, die weniger die Themen verarbeitet als dem Pianisten Gelegenheit gibt, seine Virtuosität zu zeigen, beginnt die harmonisch abgewandelte Reprise, die zum Ende in eine Wirbelwind-Coda mündet.

Im Gegensatz zu op. 92 verarbeitet Moscheles in der Hommage à Weber Originalthemen aus den Opern ´Euryanthe` und ´Oberon`, neben anderen Themen im langsamen Teil der dreiteilig angelegten Komposition die Arie ´Unter blüh`nden Mandelbäumen` und als grandiosen Endpunkt in Teil 3 die Stretta der Rezia-Arie ´Ozean du Ungeheuer`, ein Thema, mit dem Weber selbst auch in der Ouvertüre zu seiner Oper einen beeindruckenden Schluss gestaltet. Moscheles gelingt in diesem Werk eine anspruchsvolle, idiomatische Umsetzung von Themen aus dem Bereich Gesang und Orchester in die Ausdrucksmöglichkeiten des Pianos, das nicht nur auf Tonträgern überleben sollte.   

 

Grande Sonate Symphonique op. 112

Diese vierhändige, dem französischen König Louis Philippe gewidmete Sonate gehört zu den letzten großformatigen Werken von Moscheles, er führte sie 1845 zusammen mit seiner Tochter Emily am Hof von St. Cloud zum ersten Mal auf. Das Werk gehört fraglos in die Reihe der hochvirtuosen, romantisch ausgerichteten Kompositionen, formal ist es in vier Sätze geteilt, traditionell mit einem Scherzo als drittem Satz. Auch im op. 112 arbeitet Moscheles mit thematischen Bezügen zwischen den Sätzen, z.B. taucht das kurze ´patetico`Motiv aus der Eröffnung des ersten Satzes im Schlußsatz wieder auf. Darüber hinaus verleugnet Moscheles trotz des virtuos-romantischen Grundtons seine Kenntnisse in ´Alter Musik` nicht: das Scherzo ist bewußt bezeichnet als ´scherzoso alla tedesco antica` und das Zitat der Choralmelodie ´Lob, Ehr und Preis` in der Einleitung des letzten Satzes, das im Verlauf des Satzes dramatisch transformiert und gesteigert wird, bringt beide Stilelemente eindrucksvoll zusammen.

 

 

KAMMER

Grand Duo Concertant für Klavier und Gitarre op. 20

Moscheles schrieb dieses Werk mit der Hilfe von Mauro Giuliani, der von 1806 bis 1819 in Wien tätig war. Das Stück ist viersätzig, Satz 1: Allegro maestoso, Satz 2: Scherzo, Satz 3: Largo espressivo, Satz 4: Pastorale – Allegretto espressivo. Satz 1 ist ein klassischer Sonatenhauptsatz mit einer formal überraschenden, aber aufgrund der Mitwirkung des Gitarristen Giuliani verständlichen Kadenz für die Gitarre, die am Ende der Reprise eingefügt ist. An 2. Stelle steht abweichend von der klassischen Form das Scherzo, das auch formal mit einer kompletten Wiederholung von Trio und Scherzo erstaunt. Satz 3 ist mit 36 Takten recht kurz und monothematisch angelegt. Satz 4 steht in Rondo-Form und ähnlich wie bereits in seinem Opus 47 lässt Moscheles am Ende das Ritornell zugunsten einer Coda weg. Ein insgesamt zwar für die spärliche Literatur für Gitarre und Klavier lohnendes Werk, leider aber sind die Themen zu wenig prägnant, die Komposition leidet zudem unter allzu langen Skalen und vielen Wiederholungen.

 

Grosses Sextett d-moll op. 35

Moscheles hat dieses Werk, das 1815 entstand, Jahre später als jugendlichen Versuch bezeichnet und in der Tat geht dieses Sextett für Klavier, Violine, Flöte, 2 Hörner und Violoncello, bei dem Klavier eindeutig dominiert, kaum einmal über die klassischen Formvorgaben hinaus. Die 4 Sätze sind überschrieben: Satz1: Allegro spirituoso, Satz 2: Minuetto molto moderato, Satz 3: Adagio, Satz 4: Rondo – Allegro

 

Fantasie Variationen und Finale für Klavier, Violine, Klarinette und Cello op. 46

Die Fantasie (Einleitung) ist der längste, aber auch beeindruckendste Teil der Komposition, sie wandert chromatisch durch die Welt der Tonarten und landet schliesslich in einer Klavierkadenz. Es folgen 7 klassische mit den üblichen Abwandlungen (rhythmisch, melodisch) versehene Variationen, wenn man das Finale als eigene Variation betrachtet, bei denen Moscheles-typisch das Klavier die Hauptrolle spielt.

 

Grand Trio c-moll op. 84

Das Trio wurde 1830 veröffentlicht; es folgt im Wesentlichen der klassischen Form, Satz 1 (Allegro con spirito) ist ein Sonatensatz mit den üblichen zwei kontrastierenden Themen, das folgende Adagio ein Variationssatz auf ein Legato-Thema, das vom vom Cello eingeführt wird. Eine kleine Überraschung bringt das Scherzo mit dem Zusatz alla Scozzese mit seinem sechs Achtel Tanz-Rhythmus. Der letzte Satz (Allegretto grazioso) greift auch auf das Sonatensatz-Schema mit einer thematischen Erweiterung in der Reprise zurück. Insgesamt ein sehr ansprechendes Werk.

 

Septett für Klavier, Violine, Viola, Klarinette, Horn, Cello und Bass op. 88

Eine Auftragsarbeit für Philharmonic Society, wurde das Septett am 15. April 1833 zum ersten Mal gespielt, überwiegend begeistert aufgenommen und als Meisterwerk bezeichnet. Es besteht aus 4 Sätzen mit folgenden Bezeichnungen: Satz 1: Allegro con spirito, Satz 2: Scherzo – Presto, Satz 3: Adagio con moto, Satz 4: Allegro con brio, ungewöhnlich dabei die Plazierung des Scherzo als Satz 2. Das Stück beginnt mit einem reinen Sonatensatz: Thema 1 ist dabei auf Tonwiederholungen einfach aufgebaut und das lyrischere 2. Thema daraus abgeleitet; dieses Muster durchzieht den ganzen Satz in traditionell klassischem Aufbau. Ganz anders der Scherzo genannte 2. Satz, der leicht mit einem springenden Motiv beginnt, dann übernimmt die Klarinette die Führung mit einem 2. Thema, beide Themen werden verwoben bis das Klavier ein 3. Motiv einführt, das in der Folge mit den beiden ersten Motiven verwoben wird, bis ein lyrischer Teil beginnt, der einerseits Trio-Charakter besitzt, andererseits aber bis ans Ende dieses Satzes reicht, an dem noch einmal alle Motive auftauchen. Satz 3 im ungewöhnlichen 12 Achteltakt wartet nicht mit Überraschungen auf: ein ruhiges Thema wird vom Klavier vorgestellt, das auch den weiteren Verlauf des Satzes bestimmt, sehr zart unterstützt von den übrigen Instrumenten. Der Schlußsatz ist ein lebendiger traditionell gebauter Sonatensatz, ein würdiger Abschluß für dieses vermutlich wegen seiner ungewöhnlichen Besetzung viel zu selten zu hörendes Werk.

 

Cellosonate D-Dur op. 121

Moscheles einziges Stück für diese Besetzung, geschrieben 1851, Robert Schumann gewidmet, uraufgeführt im Jahr der Komposition durch den Komponisten und Julius Rietz am Cello im Rahmen der Leipziger Quartettserie.  Der erste Satz (Allegro espressivo e appassionato) beginnt direkt im Cello mit dem Thema, das vom Klavier fortgeführt wird und im Laufe des Satzes immer wieder variiert auftaucht, ohne dass ein echter Seitensatz als Kontrast gegenübergestellt wird. Das folgende Scherzo (Scherzo ballabile) basiert genau wie Satz 1 im wesentlichen auf einem Motiv, das sich Cello und Klavier gegenseitig zuwerfen. Im Trio taucht ein eher lyrischer Abschnitt auf, der unmittelbar vom ersten Thema unterlegt wird, das im weiteren Verlauf wieder die Oberhand gewinnt. Satz 3 Ballade (in böhmischer Weise) – Andantino ist ein Variationssatz, dessen wesentliches Tempo allerdings ´allegretto` ist, vom Ende des Satzes abgesehen, das an den Satzbeginn zurückführt. Satz 4 (Allegro vivace, ma non troppo) führt zwei kontrastierende Themen ein, die in sich jeweils nach Einführung moduliert, durchgeführt werden. Formal hat der Satz nur noch einen Anflug von Sonatensatz, wenn in der Coda Fragmente beider Themen zusammengeführt werden.

 

Literatur:

Mark Kroll: Ignaz Moscheles and the Changing World of Musical Europe, The Boydell Press, Woodbridge 2014

Carolyn Denton Gresham: Ignaz Moscheles – An Illustrous Musician in the Nineteenth Century, University of Rochester, Eastmen School of Music, Ph. D., 1980

Christoph Hust, Art. Moscheles, Ignaz, DOKUMENTE in: MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, New York, Kassel, Stuttgart 2016ff., zuerst veröffentlicht 2004, online veröffentlicht 2016

Klaus Börner: Handbuch der Klavierliteratur zu vier Händen an einem Instrument, Atlantis Musikbuch-Verlag, Zürich, Mainz 2005