Emilie Mayer

(1812-1883)

Barbara Beuys bezeichnet Emilie Mayer in ihrer 2021 erschienenen Biografie – Untertitel ´Eine Spurensuche` - auf der vorderen Umschlagsseite als Europas größte Komponistin. Auch wenn das Absolute dieser einschränkungslosen Titulierung genauso wie die Bezeichnung ´weiblicher Beethoven` übertrieben scheint, steht völlig außer Frage, dass Emilie Mayer eine bedeutende Komponistin war, deren Werke es allemal wert sind, wiederentdeckt und aufgeführt zu werden. In ihren frühen Arbeiten begann sie auf dem Fundament der klassischen Formen eines Haydn oder Mozart zu komponieren, später wandte sie sich vermehrt der Tonsprache Beethovens und ließ zum Ende ihrer Laufbahn insbesondere in der Kammermusik frühromantische Züge in ihre Arbeiten einfließen. Die neudeutsche Schule ihrer Zeitgenossen Wagner und Liszt hingegen blieb ihr zeitlebens fremd.

Emilie Mayer wurde am 14. Mai 1812 in Friedland (Mecklenburg) als Tochter des Ratsapothekers August Friedrich Mayer und seiner zweiten Frau Henrietta Carolina geboren. Im Alter von 5 Jahren erhielt die kleine Emilie Klavierunterricht bei dem Friedländer Organisten Carl Driver, der auch ihre ersten kompositorischen Versuche positiv aufnahm und sie zu weiteren Versuchen ermunterte. Wir wissen so gut wie gar nichts über die folgenden gut 20 Jahre, Emilie lebte nach dem frühen Tod ihrer Mutter im väterlichen Haushalt, bis ihr Vater sich im Alter von 77 Jahren am 28. August 1840 – auf den Tag genau 26 Jahre nach dem Tod seiner zweiten Frau – das Leben nahm. Das Ergebnis des Freitods des Vaters bedeutete für Emilie zweifache Freiheit: persönlich: keine Verpflichtung mehr, den väterlichen Haushalt zu führen und finanziell: ihr Erbe war so groß, dass sie ab sofort ein unabhängiges Leben führen konnte. Sie entschloss sich, ihrem Wunschtraum zu folgen, und Komposition zu studieren und sich komplett der Musik zuzuwenden. Sie ging nach Stettin zu Carl Loewe, dem dortigen Musikdirektor, der ihr nach eingehender Aufnahmeprüfung folgendes bescheinigte, ´Sie wissen eigentlich gar nichts, und wissen doch alles. Ich werde der Gärtner sein, der ihr noch … ruhendes Talent … entfalten hilft.` Von 1840 bis 1847 blieb Emilie Mayer bei Loewe in Stettin, in diese Zeit fiel die Komposition eines Singspiels ´Die Fischerin`, zahlreicher Lieder (darunter eine Version von Goethes ´Erlkönig`) und zum Ende hin entstanden zwei Sinfonien in c- und e-moll, die beide im März 1847 durch Loewe in Stettin aus der Taufe gehoben wurden. Noch im selben Jahr ging Emilie Mayer zur Fortsetzung ihrer Studien auf Empfehlung von Loewe nach Berlin zu Adolph Bernhard Marx (Fuge und .. Kontrapunkt) sowie Wilhelm Wieprecht (Instrumentierung), um ihre Kenntnisse abzurunden und zu vervollkommnen. Beide waren nicht nur als Lehrer sehr wichtig, sondern auch durch ihre extrem gute Vernetzung im berliner Kultur-, besonders natürlich dem Musikleben. Das führte dazu, dass 1849 mit ihrem Streichquartett g-moll zum ersten Mal eine Komposition von Emilie Mayer im Rahmen einer Matinée mit Werken junger Komponisten öffentlich aufgeführt wurde, im April 1850 fand dann sogar ein Mittagskonzert statt, das ausschließlich mit ihren Werken bestückt wurde, darunter ihre dritte Sinfonie. Tief blicken lässt eine Kritik dieses Konzerts in der Neuen Berliner Musikzeitung:

Erwägt man, dass die strengeren Formen der Instrumentalmusik und die der Fuge männlicher Kraft selbst zu schaffen machen, so wächst das Außerordentliche. Bisher hat Frauenhand höchstens ein Lied überwunden […] aber ein Quatuor und gar eine Symphonie mit all den Künsten im Satze und in der Instrumentation – dies möchte als ein besonderer, höchst seltener Fall gelten können. […]. [Die Werke sind] gesunde, frisch geschriebene an dieses und jenes Vorbild, besonders an Mozart und Rossini sich anlehnende, recht einnehmende Sätze, welche von vieler Schreibfertigkeit und von sicherer Beherrschung des vorhandenen Stoffes […] zeugen […]. Was weibliche Kräfte, Kräfte zweiter Ordnung vermögen – das hat Emilie Mayer errungen und wiedergegeben.

Es folgten weitere Sinfonien, zahlreiche Kammermusikwerke, insbesondere Klaviertrios und -quartette sowie Kompositionen für das Solo-Piano, Werke, die sie in weiteren öffentlichen Konzerten in Berlin in den Jahren 1852 und 1853 in Berlin und in den darauf folgenden Jahren auf zahlreichen Reisen auch in anderen deutschen und europäischen Städten mit großem Erfolg vorstellte, u.a. in Leipzig, Halle und München, im Ausland in Lyon und Brüssel und nicht zuletzt in Wien. Solche Konzerte finanzierte sie komplett aus eigenen Mitteln, besonders die Orchesterkonzerte waren natürlich sehr teuer, andererseits aber Verleger nur wenig interessiert, großformatige Werke wie Quartette oder gar Sinfonien zu drucken, weil sich damit kaum Einnahmen erzielen ließen. Für den Salongebrauch und der damit verbundenen Verbreitung brauchte es Klavierbearbeitungen für zwei oder vier Hände, oder eben direkt Kompositionen, deren Drucklegung einfacher und erfolgversprechender war, und durch entsprechende Tantiemen zu Einnahmen für den Verfasser führte. Es ist anzunehmen, dass Emilie Mayers Einnahmen sehr gering waren und ihre finanziellen Mittel zur Neige gingen. Dies könnte ein Grund sein, dass sie 1862 ihre Wohnung in Berlin aufgab und zurück nach Stettin ging, wo sie im Hause ihres Bruders lebte. Und sicher nicht zuletzt aus diesem Grund schrieb sie in den kommenden Jahren fast ausschließlich kammermusikalische Werke wie die Sonaten für Violine und Klavier und ab 1868 auch eher einfache Musik für das Soloklavier, dabei immer bemüht, auch ältere Kompositionen zu veröffentlichen. Einen guten Überblick über das Gesamtwerk der Komponistin bietet folgende Seite (https://zahn-info-portal.de/wiki/List_of_compositions_by_Emilie_Mayer). Aus dieser Aufstellung, die auch auf vermutlich verlorene Werke hinweist, lässt sich unschwer erkennen, dass es noch erhebliche Lücken in der Mayerschen Diskographie gibt, die aber glücklicherweise nach und nach geschlossen werden.

 1876 kehrte Emilie Mayer noch einmal nach Berlin zurück und erlebte im Alter von knapp 70 Jahren ihren größten kompositorischen Erfolg mit ihrer Faust-Ouvertüre op. 46, die in Berlin bei der Uraufführung begeistert aufgenommen und in der Folge in zahlreichen europäischen Städten gespielt wurde. Sie starb in Berlin an den Folgen einer Lungenentzündung am 10. April 1883. Ihre letzte Ruhestätte fand sie auf dem Dreifaltigkeitsfriedhof in Kreuzberg, nur ein paar Schritte entfernt von Felix Mendelssohn und Fanny Hensel.

Nach ihrem Tod geriet Mayer schnell in Vergessenheit. 1918 wurde mit dem Verkauf ihres nahezu vollständigen musikalischen Nachlasses an die Preußische Staatsbibliothek in Berlin der Grundstein für eine Wiederentdeckung gelegt, die allerdings erst in den 1980er Jahren Fahrt aufnahm mit dem allgemein steigenden Interesse an Komponistinnen, ist aber bis heute noch nicht abgeschlossen, trotz einer inzwischen wachsenden Zahl von Konzertveranstaltungen und einer erklecklichen Zahl von Einspielungen ihrer Werke.

 

ORCHESTER

Sinfonie Nr. 1 c-moll

Es ist unklar, wann genau Emilie Mayer diese Sinfonie geschrieben hat, aufgeführt wurde sie – wie ihr ´Schwesterwerk`, die Sinfonie Nr. 2 e-moll - zum ersten Mal 1847 in Stettin unter Leitung von Carl Loewe. Es liegt nahe, die Entstehung beider Werke auf die Jahre 1845/6 zu datieren.

Satz 1: Adagio – Allegro energico

Der Satz beginnt mit einer langsamen trauermarschartigen Einleitung, die kleine Bezüge zum Hauptsatz aufweist, besonders bei der Dur-Aufhellung in Takt 12, die das im Gegensatz zum energischen ersten Thema lyrischere Seitenthema fast wörtlich vorwegnimmt. Die Exposition wird wiederholt, in der Durchführung besteht zunächst kein Bezug zu beiden Themen, dann aber erscheint kraftvoll Thema 1, leitet aber sehr zügig in die Reprise über, die im Aufbau der Exposition entspricht, lediglich das Thema 2 erscheint in der C-Dur Variante. Eine kurze Coda beschließt den Satz.

Satz 2: Adagio

Der Satz ist formal eine Mischung aus Rondo und Variationssatz mit einer Coda, die wiederum auch einen Sonatensatz-Form möglich erscheinen lässt. Ein lyrisches Thema beginnt den Satz, es taucht noch zweimal auf, figurativ verändert, beim zweiten Mal verkürzt, beim dritten wieder komplett. Dazwischen erscheint als erstes Couplet ein kraftvoller Tutti-Einsatz in der Folge mit einer thematischen Abspaltung, die zum Refrain zurückführt. Das zweite Couplet beginnt wieder mit einem Tutti-Einsatz und wird fast durchführungsartig verarbeitet bis hinein in Refrain 3, die ausgedehnte, ruhige Coda bringt noch ein neues Motiv.

Satz 3: Allegro vivace

Der Satz folgt der üblichen Teilung des Tanzsatzes in Teil 1 – Trio – Teil 1. Ungewöhnlich und einzigartig ist die Bezeichnung des Trios mit Minuetto moderato und so schreitet es denn auch eher gemächlich voran.

Satz 4: Finale – Adagio – Allegro

Kurze langsame Einleitung von 6 Takten, dann setzt das Thema 1 ein, flott und vorwärtsdrängend, in der Überleitung zu Thema 2 erscheint eine C-Dur-Passage, dann Thema 2, weicher, aber im Untergrund ähnlich vorwärtsgerichtet wie Thema 1. Der Satz folgt der klassischen Sonatenform mit der Ausnahme, dass das Seitenthema nicht in der bei einem Mollsatz erwartbaren Dur-Parallele steht (das wäre Es-Dur, hier ist es G-Dur). Die Coda ist sehr schön angereichert durch Hörnerklänge.

 

Sinfonie Nr. 2 e-moll

Satz 1: Un poco Adagio – Allegro assai

40 Takte langsame Einleitung, die schon den Grundton dieses Satzes bestimmen: lange melodische Bögen, in denen der Charakter des Thema 1 der Exposition angedeutet wird, wobei Thema schon fast eine Übertreibung ist, denn genau wie die Einleitung sind es lange, kontrastierende Bögen, das Thema 2 aber hat einen absolut erkennbaren Charakter und steigert sich schon bei seiner Vorstellung zu einem fulminanten Höhepunkt, der in der Reprise – dort zunächst leise in E-Dur - dann am Beginn der Coda - bezeichnenderweise in C-Dur - noch einmal fast apotheotisch gesteigert wird, um anschliessend zur Wiederholung der Schlussgruppe ganz allmählich in moll ins piano zu versinken.

Satz 2: Scherzo

Der Satz ist zwar als Scherzo bezeichnet, formal aber erinnert nur sehr wenig an die klassische Form Hauptteil – Trio – Hauptteil. Es beginnt mit einem Thema im piano, das durch alle Teile des Orchesters geführt und den gesamten Satz beherrschen wird. Ein Seitenthema bringt eine etwas weichere Stimmung hinein, im Untergrund aber bleibt das Hauptthema fast durchweg präsent. Haupt- und Seitenthema werden variiert wiederholt, dann schließt der Satz mit dem Hauptthema, -rhythmus.

Satz 3: Un poco Adagio

Wie im Scherzo wird auch der langsame Satz von einem einzigen Thema durchzogen, einer schönen wiegenden Melodie, die einige Steigerungen und diverse Ausschmückungen erfährt; etwa gut zur Hälfte des Satzes erscheint eine Moll-Wendung des fast ausschließlich in Dur stehenden Satzes, die einen relativ kraftvollen Tuttistelle einleitet. Bald aber kehren die Dinge wieder zu ihrem ruhigen Lauf zurück. 

Satz 4: Allegro vivace

Auch in diesem 4. Satz kann von einer klaren formalen Struktur nicht die Rede sein: fast scheint es so, als ob die Komponistin diese Sinfonie als formales Experimentierfeld benutzt hat; hier steht am Beginn ein kraftvolles Orchester-Tutti, dem ein marschartiges Seitenthema (oder wenn man den Satz als Rondo interpretiert: ein Couplet) gegenüber, das von der Violine angestimmt und von den Celli fortgeführt wird (sehr ungewöhnlich, ziemlich gewagt!!); daran schließt ein weiteres Seitenthema an, es folgt eine Überleitung (Schlußgruppe), die jäh vom Hauptmotiv unterbrochen wird und in einen durchführungsartigen Teil mündet, dessen Ausprägung noch einmal in der Coda deutlich hervortreten wird.

 

Sinfonie Nr. 3 C-Dur

Diese Sinfonie mit dem Beinamen ´militaire` ist eine zweifache Hommage: zum einen an Joseph Haydn und seine Sinfonie Nr. 100 mit dem gleichen Titel und an Emilie Mayers Lehrer Wilhelm Wieprecht, der sich neben seiner Lehrtätigkeit als Reformer der Militärmusik einen Namen machte.

Satz 1: Adagio – Allegro con brio

Eine kurze langsame Einleitung ganz im klassischen Sinne mit der klaren Definition der Haupttonart, dann setzt Thema 1 ein, die folgende Überleitung ist rhythmisch aus Thema 1 hergeleitet und auch das Seitenthema entspringt dem gleichen Ideenkreis und nach einer hörbaren Zäsur beginnt die Schlussgruppe, die nach der Wiederholung der Exposition auch die Durchführung beginnt, ergänzt durch Teile des Seitenthemas.  Sehr schnell setzt die Reprise ein, regelmässig aufgebaut, aber harmonisch differenziert, eine kraftvolle Coda beendet den Satz.

Satz 2: Un poco Adagio

Der Satz besitzt zwei Themenkomplexe, von denen Thema 1 zweimal variiert und ergänzend instrumentiert wiederholt wird, im Fall des Thema 2 gibt es eine Wiederholung, Struktur A-B-A-B-A. Auffällig: Beide Male wird das Thema 2 durch ein fortissimo des ganzen Orchesters eingeleitet. Ähnlich kräftig geht es von ersten B-Teil zurück zum Thema 1.

Satz 3: Scherzo – Allegro

Ebenfalls fünfteilig mit einer von der Instrumentation her unterschiedlich gestalteten Trio-Wiederholung (Ländler-Charakter). Das Thema 1 hat einen fast huschigen Tonfall, leicht erinnernd an Mendelssohns Sommernachtstraum.

Satz 4: Adagio – Allegro vivace

Hier verdient sich die Sinfonie ihren Beinamen zum einen durch die Verwendung der ´Militärinstrumente` Piccolo-Flöte, Triangel, Becken und Grosser Trommel, aber auch durch die Einführung ´zackiger` Themen, insbesondere des Seitenthemas. Die kurze Einleitung – analog Satz 1 – legt die Grundtonart fest, kleine Besonderheit, wir hören die Klänge, verstärkt von der Flöte noch einmal zum Ende des Satzes als Übergang zur Coda. Beide Themen setzen piano ein, werden dann aber jeweils in machtvolle Orchestertutti gesteigert. In der Coda finden sich beide Themen wieder ein zu einem strahlenden Schluß.

 

Sinfonie Nr. 4 h-moll

Satz 1: Allegro appassionato

Kein langes Fackeln, das Thema 1 lässt keinen Zweifel an seiner Kraft und Dominanz aufkommen, es folgt eine zunächst lyrische Passage, in der Thema 2 ganz entfernt anklingt (etwas ähnliches, dann als echte Vorwegnahme, wird uns in der siebten Sinfonie wiederbegegnen), die nach Rückkehr der dominanten Tuttiklänge zum Thema 2 überleitet, einem liedhaften Stück, in dem Zeitgenossen Emilie Mayers Ähnlichkeiten mit einem Lied des schwedischen Schubert Adolf Fredrik Lindblat erkannten (lt. Runge-Woll nicht zu leugnen). Diese beiden Themen werden schon am Ende der Exposition vor der kompletten Wiederholung verwoben, wobei sich das dominante Thema 1 durchsetzt. Die Durchführung ist wie fast immer kurz gehalten, wesentlich bestimmt von Thema 1. Die Reprise beginnt analog zur Exposition, dann folgt eine vom Übergang abgewandelte Passage, schliesslich Thema 2 in H-Dur, aber Thema 1 lässt sich die Dominanz nicht nehmen und bestimmt allein die Coda.

Satz 2: Adagio

Angelegt in einer mehrteiligen Liedform birgt dieser Satz eine Überraschung. Das Hauptthema klingt fast feierlich, wird von einem sich langsam entwickelnden Zwischenthema abgelöst, taucht variiert wieder auf und dann – im fortissimo – taucht das Thema des ersten Satzes wieder auf. Totale Verunsicherung, erst ganz allmählich findet das lyrische Hauptthema wieder zu sich, sehr treffend hat es der Rezensent der Vossischen Zeitung 1852 beschrieben: ´Es scheint, als ob namentlich gegen den Schluß hin der Gedanke sich zu sehr in die Weite verirre, er wird aber dennoch festgehalten und findet in schmachtenden Klängen seine endliche Lösung.`

Satz 3: Allegro

Ähnlich wie in Beethovens 4. Sinfonie ist dieses Scherzo fünfteilig, wenn auch keineswegs so klar abgegrenzt, und durchaus auch weniger gleichgewichtig als bei Beethoven. Ein fast harsches Thema steht am Anfang, nach einer ausgedehnten Überleitung gefolgt vom eher heiteren, gelösteren Thema 2. Thema 1 kehrt nach einer Überleitung verkürzt zurück, Thema 2 ist noch einmal zu vernehmen, eine weitere Überleitung folgt, die in einer seltsam hervorstechenden Passage mündet, an die sich dann – endlich, der Satz ist halb vorbei – zum ersten Mal das Trio anschliesst, von zeitgenössischen Beobachtern als ´Bauerntanz` bezeichnet. Ohne erkennbaren Einschnitt übernimmt wieder Thema 1, Thema 2 erscheint – alles stark verkürzt – bis zur Wiederholung des Trios, instrumentatorisch durch den Einsatz der Hörner verstärkt. Die Schlussgruppe steht wieder im Zeichen von Thema 1.

Satz 4: Presto

Das Thema 1 nimmt zu Beginn sehr breiten Raum ein, für das eher liebliche Thema 2 bleibt in der Exposition nur wenig Raum. In der folgenden Durchführung gelingt Emilie Mayer ein spannendes Miteinander, ein Verweben beider Themen, während die Reprise sich im wesentlichen harmonisch von der Exposition unterscheidet. Die Coda steht wieder ganz im Zeichen von Thema 1.

 

Sinfonie Nr. 6 E-Dur

Das Werk wurde am 25. April 1853 im Königlichen Schauspielhaus in Anwesenheit König Wilhelm IV. und seiner Familie uraufgeführt, die Leitung des Orchesters hatte Wilhelm Wieprecht.

Satz 1: Adagio – Allegro con spirito

Eine ausgedehnte langsame Einleitung steht am Beginn des Satzes, ehe zwei Horneinwürfe ins erste beherzte Thema überleiten, ein zweites ruhigeres Thema wird eingeführt und leitet in die wörtliche Wiederholung der Exposition. Die Durchführung gewährt beiden Themen den gleichen Raum und die Reprise greift zu Beginn im Aufbau klassisch auf die Exposition zurück, dann folgt eine Art zweiter Durchführung mit einer Coda, bei der der Einfluss Beethovens hörbar ist. 

Satz 2: Un poco Adagio

Beethoven ragt aus der Ferne in diesen Trauermarsch hinein (Eroica); eine feierliche Stimmung in punktierten Rhythmen und betonten Seufzern breitet sich, Tonart h-moll, dann aber unvorbereitet erscheint in D-Dur eine Choral, Streicher zunächst, dann Bläser, der Choral wird gesteigert, sicher nicht zufällig taucht hier und da das sog. Schicksalsmotiv aus der 5. Sinfonie Beethovens auf, mit dem Horn und Pauke in den Trauermarsch zurückführen.

Satz 3: Scherzo

Ein markantes rhythmisch geprägtes Motiv zieht sich in verschieden instrumentierter Form durch den ganzen Satz, ergänzt durch eine zartere, sehr kurz gehaltene Passage.

Satz 4: Finale: Allegro

Auch in diesem Satz bestimmt ein rhythmisch geprägtes Motiv fast den ganzen Satz, sieht man einer Zwischenpassage ab und von der Coda, die das Stück zu einem strahlend-triumphierenden Ende bringt. Formal ist das weder Sonatensatz noch Rondo, sondern Mayer.

 

Sinfonie Nr. 7 f-moll

Obwohl die f-moll-Sinfonie wahrscheinlich bereits 1856 fertig komponiert war, sind Aufführungen erst in den Jahren 1862 und 1863 (beide Berlin) nachweisbar. Die Komponistin hatte schlicht gewaltige Probleme, ihre Sinfonien an ihrem Wohnort Berlin aufführen zu lassen, gar nicht zu denken war an eine Vorstellung in den weiteren damaligen Zentren der Musikpflege Leipzig, Köln, Frankfurt, München, Hamburg oder gar Wien. Insofern war es nur konsequent, dass Emilie Mayer sich ab Mitte der 1850er Jahre ausschließlich kleineren Besetzungen zuwandte, deren Aufführung leichter zu realisieren war. 

Satz 1: Allegro agitato

Das erste Thema erscheint sofort, aufschlussreich dabei, dass schon sehr schnell ein Fragment des 2. Themas zu hören ist, das sich dann nach der endgültigen Konstituierung von Thema 1 nach einer Überleitung in voller Länge zu hören ist. Es folgt eine sehr kürze Überleitung, dann die Wiederholung der Exposition. In der Durchführung erscheinen die Motive wie in ihre Einzelteile zerlegt, lediglich das Fragment des Seitenthemas taucht zweimal deutlich erkennbar auf, harmonisch vaiiert. Die Reprise nimmt zunächst das Hauptthema analog Beginn wieder auf, das 2. Thema hingegen erscheint sehr klangschön zunächst in den Hörnern, dann den Violinen. In der folgenden Coda werden noch einmal beide Themen verarbeitet.

Satz 2: Adagio

Ein ruhiges, sehr schönes Thema in den Celli und Violinen leitet den Satz ein, das den ganzen Satz durchziehen und beherrschen wird, zunächst in Trauermarsch-ähnlicher Verdichtung, dann nach Art eines Variationssatzes geführt durch alle Instrumentengruppen bis hin zu einer variierten Wiederholung des Trauermarsches. Die Coda endet im pianissimo.

Satz 3: Scherzo – Allegro vivace

Der Satz ist fünfteilig aufgebaut: Scherzo 1 – Trio 1 - Scherzo 2- Trio 2 – Scherzo 3 (Coda). Scherzo 1 und Trio 1 bestehen aus jeweils zwei Motiven, deren erste drei rhythmisch sehr ähnlich sind. Das Motiv 2 des Scherzos wird beim Wiedereintritt nicht wiederholt, im letzten Teil, der Coda, kommt es zur Vermischung beider Scherzo-Motive.  

Satz 4: Finale – Allegro vivace

Dieser Satz ist am ehesten als Rondo zu bezeichnen, auch wenn zwei Dinge auffallen: das ansonsten gegensätzliche Couplet wird nur leicht variiert wiederholt und der traditionelle positive Gesamtcharakter eines Rondo-Schlusses tendiert in diesem Werk eindeutig zu einem eher dramatischen Ende in Moll. In dem dennoch sehr abwechslungsreichen Satz tauchen immer wieder durchführungsartige Abschnitte und kraftvolle Klangsteigerungen auf.

    

Faust-Ouvertüre op. 46

Wahrscheinlich hat Emilie Mayer 15 Konzert-Ouvertüren geschrieben, von denen allerdings nur 5 erhalten sind, 4 davon als Handschriften, und die Faust-Ouvertüre, die als einzige mit einem Sujet-Titel versehen und als einziges Orchesterwerk der Komponistin gedruckt wurde. Sie gilt als das erfolgreichste Werk von Emilie Mayer, obwohl sie damit in Konkurrenz zu keinem Geringeren als Richard Wagner tritt. 

Die Ouvertüre beginnt mit einer langsamen Einleitung, die sich harmonisch immer wieder neue Wege sucht, ganz viel Chromatik ist zu hören, dann nach 40 Takten und kraftvollen Paukenschlägen erklingt das dramatische Thema 1, es folgt – nach einem kurzen Übergang Thema 2, fröhlich, leicht, direkt verbunden mit der Choralmelodie ´Freu dich sehr oh meine Seele`, bevor Thema 2 wiederholt wird. Eine sehr kurze Durchführung, dann setzt die Reprise mit Thema 1 ein, Thema 2 klingt weniger fröhlich und leicht, der Choral ist kräftiger gesetzt, danach folgt eine weitere Durchführung, ehe das Thema 1 wieder auftritt. An dieser Stelle der Partitur hat Emilie Mayer die Worte ´Sie ist gerettet` eingefügt. Danach der fast apotheotische kurze Coda-Schluß.


KONZERT

Klavierkonzert B-Dur

Das Konzert ist mit hoher Wahrscheinlichkeit Anfang der 1850er Jahre entstanden, eine Aufführung zu Lebzeiten Emilie Mayers ist nicht bekannt. Die kompositorische Nähe zu Mozart (KV 595) und Beethoven (Nr. 1 op. 19) ist nicht zu überhören, dennoch ist das Werk absolut hörenswert, was sich nicht zuletzt in 2 CD-Einspielungen niedergeschlagen hat.

Satz 1: Allegro

Das Orchester stellt 2 Themen vor, das Klavier folgt mit einem eigenen Thema (rhythmisch an Thema 1 angelehnt), der sich ein kurzer Einwurf des Orchesters mit der Wiederholung von Thema 1 anschließt. Es folgen lange Passagen, in denen der Pianist seine Virtuosität beweisen kann, zweimal unterbrochen vom Orchester, nach dem zweiten ausgedehnteren Orchesterzwischenspiel beginnt eine extrem kurze Durchführung, in der das thematische Material nach mozartscher Art weniger verwoben, sondern sequenziert wird. Bei 8.39 beginnt die Reprise mit der wörtlichen Wiederholung des Soloeinsatzes aus der Exposition. Den weiteren Verlauf kann man als schulmäßig bezeichnen, insgesamt ist der Satz ein bisschen zu lang geraten.   

Satz 2: Un poco Adagio

Das Orchester stellt das sangliche Thema vor, das Klavier übernimmt es, leise umspielend, im Mittelteil variierend, in der Wiederholung im Miteinander mit dem Orchester vorsichtig dramatisierend.

Satz 3: Allegretto

Während die Komponistin im 2. Satz eher Mozart folgt, steht im Abschluß-Rondo formal eher Beethoven Pate. Insgesamt fällt auf, dass weder der erste noch der dritte Satz eine Solokadenz enthalten, ein Umstand, den die Mayer-Kennerin Almut Runge-Woll dem ´Bestreben der Komponistin` zuordnet, ´das kompositorische Schaffen in den Vordergrund zu stellen und nicht durch übersteigertes Virtuosentum auf sich aufmerksam zu machen.`

 

KLAVIER

Sonate d-moll

Wie bei so vielen Werken der Komponistin ist die Entstehungszeit unklar, lässt sich aber stilistisch relativ sicher den 1860er Jahren zuordnen. Dafür spricht die große Sicherheit im formalen Aufbau, dafür spricht ebenso die auch in den Violinsonaten op. 18 und op. 19 vorhandene Verzahnung der beiden Themen des ersten Satzes (insbesondere im punktierten Rhythmus). Dabei bleibt der Dualismus der Themen erhalten, der den weiteren Verlauf des Satzes bestimmt, deutlich in den vorgezeichneten Bahnen des Sonatensatzes. Dafür spricht auch das choralartige Thema des dritten Satzes, während das an zweiter Stelle stehende Scherzo und der Schlußsatz Hinweise geben auf die pianistischen Fähigkeiten der Komponistin, denn sie hat dieses Stück mit Sicherheit zumindest im kleinen Kreis selbst gespielt.

 

KAMMER

Streichquartett g-moll op. 14

Dieses Quartett (das einzige von 8 erhaltenen Streichquartetten Mayers, das im Druck vorliegt – alle weiteren sind in Handschriften oder Bearbeitungen für Klavier zu vier Händen erhalten) entstand vermutlich Anfang 1858, es wurde uraufgeführt am 12.3.1858 in Berlin.

Satz 1: Allegro appassionato

Der Satz steigt unmittelbar ein mit Thema 1, ein Dialog zwischen der 1. Violine und dem Cello, das Thema 2 besteht aus einer Trillerreihung, die Exposition wird komplett wiederholt. Nicht nur in der folgenden Durchführung werden beide Themenkomplexe miteinander verwoben, auch in der Reprise des ausgedehnten Satzes finden sich Verschachtelungen beider Themen und ihrer Charakteristika.

Satz 2: Scherzo – Allegro assai

Ein kurzer Satz, dreiteilig mit einem bewegten Hauptteil und einem ruhigen, sanglichen Trio, in dem aber kurz an den bewegten Hauptteil erinnert wird.

Satz 3: Adagio con molto espressione

Ganz langsam entwickelt sich Thema 1, es dauert etwas bis es zu sich selbst findet, das Thema 2 – zweimal taucht es im Wechsel mit Thema 1 auf – basiert auf dem Choral ´Wer nur den lieben Gott lässt walten`, beim zweiten Mal sehr zart mit Pizzicato-Begleitung. Der Satz verklingt mit der zweiten Wiederholung von Thema 1 wie in tiefer Trauer.

Satz 4: Finale – Allegro molto

Zwei gegensätzliche Themenkomplexe bilden so etwas wie ein Sonatenrondo, wobei der erste Themenkomplex zwei im Charakter unterschiedliche Teile aufweist, deren zweiter Teil aber so ausgedehnt daherkommt, dass er fast Nebenthemen-Charakter annimmt. Aus dieser Mischung entwickelt sich ein lebendiges Miteinander, bei dem Teil 1 des ersten Themas die Oberhand behält.

 

Klavierquartett G-Dur

Klavierquartett Es-Dur

Die Entstehungszeit beider Werke liegt zwischen 1857 und 1860, das frühere G-Dur-Quartett kann auch vor 1857 entstanden sein. Beide Werke liegen lediglich als Handschriften vor, vom Es-Dur-Quartett ist eine Aufführung bekannt vom 7.5.1860 in Stettin; von G-Dur ist eine Aufführung nicht bekannt, obwohl im Autograph Eintragungen vorhanden sind, die eine Aufführung denkbar erscheinen lasssen.

Beide Werke sind viersätzig, das G-Dur-Quartett in der Folge Andante-Allegro, Adagio, Scherzo, Allegro. Der erste Satz beginnt mit einer langsamen Einleitung, an deren Ende das Klavier in einer sanft abfallenden Passage nacheinander von allen anderen Instrumenten unterlegt in das erste Thema überleitet. Interressant die Zweiteilung des Themas mit den lebendigen Läufen des Klaviers. Das eher hymnisch angehauchte Thema 2 gehört den Streichern, liebevoll untermalt vom Klavier. Der Satz steht in Sonatenform, die Emilie Mayer glänzend füllt mit diversen thematischen Rückungen, die sie geschickt und phantasievoll über die einzelnen Instrumente verteilt. Als zweiter erscheint ein Adagio, das verträumt beginnt, aber dann übergeht  in eine balladenhafte Erzählung. Manche harmonischen Rückungen erinnern durchaus auch an Schubert. Das Scherzo steht in c-moll und überrascht mit seiner fast gespenstischen, dabei dennoch humorvollen Stimmung, die besonders deutlich wird zum Ende des Satzes. Das Thema 1 des Schlußsatzes gehört zum Schönsten aus der Feder von Emilie Mayer, mit dem Thema 2, das vom 2. Thema des ersten Satzes abgeleitet, schliesst sich der musikalische Bogen. Wieder gelingt ihr in diesem Sonatensatz ein abwechslungsreiches Spiel, das alle Instrumente gleichermaßen bedient und bei aller vorherrschenden Lyrik den Satz zu einem kraftvollen, wenngleich überraschend schnellen Ende führt.

Das Es-Dur Quartett besteht aus den Sätzen Allegro con moto, Scherzo, Un poco Adagio und Finale: Allegro. Die beiden Themen des Eröffnungssatzes sind per se nicht besonders ausdrucksstark, dennoch gelingt Mayer durch die Betonung und Entwicklung des zweiten chromatisch angelegten Themas ein spannungsvoll ausgedehnter Satz. Analog Schumanns Klavierquartett plaziert Mayer das Scherzo an die zweite Stelle; dem herben ersten Teil folgt als hübscher Kontrast ein deutlich melodiöseres Trio. Eindeutiger emotionaler Höhepunkt des Stücks ist der folgende langsame Satz, in dem die auch schon in anderen Werken auffällige Fähigkeit der Komponisten, die Spannung eines Satzes mit Hilfe eines permanenten Dialogs aller Instrumente zu sicherzustellen. Der auffällig kurze Finalsatz kommt verspielt daher, Erinnerungen an ´frühromantische Salonmusik` (Runge-Wolff im Beiheft zur Aufnahme des Mariani Klavierquartetts) weckend, mündet aber zum Ende in ein virtuos berauschendes, leider allzu kurzes Finale.

Die Hinweise beziehen sich auf die Einspielung des Mariani Klavierquartetts.

 

Klaviertrios

Es ist unklar, wie viele Klaviertrios Emilie Mayer im Laufe ihrer Karriere geschrieben hat: es können bis zu 12 gewesen sein, von denen nach Runge-Wolff (Beiheft zur Einspielung des Trio Vivente) acht erhalten sind, zwei in gedruckter Form (D-Dur op. 13 und h-moll op. 16 – Entstehung wohl Ende der 1850er Jahre), sechs als  autographe Partituren, von denen durch die Forschungsarbeit und Einspielung vom Klaviertrio Hannover inzwischen drei auch in gedruckter Form vorliegen (d-moll, Es-Dur und a-moll), deren Entstehungszeit unklar ist, wahrscheinlich aber zwischen 1845 und 1857 liegt.

Klaviertrio D-Dur op. 13

Der erste Satz Andante maestoso – Allegro molto e agitato mit seiner vom Klavier bestimmten langsamen Einleitung steht in Sonatenform mit den üblichen zwei kontrastierenden Themen, die nach den klassischen Konventionen verarbeitet werden, Vorbild können die frühen Beethoven-Klaviertrios gewesen sein. Im zweiten Satz – Larghetto – führt das Klavier das Hauptthema komplett solistisch ein, ehe die Streicher hinzutreten. Ein kurzer turbulenter Mittelteil gehört fast allein den beiden Streichern, das Klavier übernimmt sehr bald wieder mit dem Hauptthema, das eingehend umspielt Teil 3 des Satzes beherrscht. Es folgt ein Scherzo mit Wirbelwind-Charakter, in dem man das verspielte Trio fast übersieht. Es folgt ein attraktiver Presto-Schlußsatz, der analog dem gesamten Stück dem Klavier das Primat einräumt, durchweg quirlig mit einem nachdenklichen Einschub vor dem Ende.

Klaviertrio h-moll op. 16

Im 1. Satz - Allegro di molto e con brio – springt Thema 1 uns im Klavier sofort direkt entgegen, Thema 2 bildet in diesem Sonatensatz einen schönen lyrischen Kontrast. In der Durchführung allerdings kommt nur Thema 1 zu Wort, sein lyrisches Gegenstück taucht erst wieder in der Reprise auf, eine fast wilde Coda beendet den Satz. An zweiter Stelle steht der langsame Satz, der fast ein wenig zögernd, verhalten im Klavier beginnt, ehe die Streicher die Melodie vorstellen, ausdrucksvoll wie fast immer bei Mayer. Nur zweimal wird die Stimmung von lauteren Tönen konterkariert, ohne aber einen abweichenden thematischen Gedanken vorzustellen. Es folgt das Scherzo – Allegro assai, fröhlich springend und gut gelaunt. Nur kurz erscheint eine Andeutung von Trio im Klavier gefolgt von einer fast schräg anmutenden Überleitung zurück zum Scherzo. Der Schlußsatz Presto beendet das Trio mit leichtem, fröhlichem Tonfall.

Klaviertrio d-moll

Dieses Trio liegt in zwei Fassungen vor, einer ´großen` romantisierenden und einer ´kleinen`, auf der die große Zweitfassung basiert. Während die Mittelsätze unverändert blieben, hat Mayer den ersten umgearbeitet und den letzten völlig neu geschrieben. Zum erstenmal wurde das Trio 1856 am Kaiserlichen Hof in Wien gespielt, eine weitere Aufführung ist nicht bekannt. Die Sätze lauten Allegro, Adagio, Scherzo – Allegro vivace, Finale – Allegro. Der erste Satz steht in der Sonatenform mit zwei deutlich voneinander abgehobenen Themen, die regelgerecht verarbeitet werden. Satz 2 wird bestimmt von einem lyrischen, eingängigen Thema, das zum wiederholten Mal die Fähigkeit Mayers zeigt, einprägsame Musiklyrik zu verfassen. Das Scherzo wirkt weniger in seiner thematischen Lebendigkeit überraschend, sondern in dem durch eine Pause deutlich abgehobenen Trio, was z.B. in op. 13 und 16 nicht der Fall ist. Der letzte Satz schlägt das übliche schnelle Tempo an, verweilt aber zwischendurch nachdenklich in ruhigeren Gefilden.

Klaviertrio Es-Dur

Uraufgeführt wurde dieses Trio 1855 in München. Der erste Satz, bezeichnet Allegro maestoso, ist ein springlebendiges Stück in Sonatenform mit zu keiner Zeit nachlassendem Impetus. An zweiter Stelle folgt der langsame Satz – Andante un poco Adagio -, in dem das Cello die Melodie einführt und auch im Verlaufe des Satzes eine prominente Rolle behält. Grundsätzlich auffällig ist die große Prominenz aller Streicher, das Klavier wird im wesentlichen auf eine Begleiter-Rolle reduziert. Im dritten Satz, bewusst Tempo di Minuetto bezeichnet, kommt das Klavier zurück in den Vordergrund, führt das sonnige Thema ein, die Streicher sind zumeist für die dunkleren Einschübe zuständig. Im Finale (Allegro non tanto) zieht Mayer noch einmal das Tempo ordentlich an. Der Satz wird beherrscht von einem einfachen Thema, das in der Coda gehörig beschleunigt daherkommt.
Klaviertrio a-moll

Entstanden etwa 1859, wurde dieses Trio in unseren Tagen im November 2021 zum erstenmal öffentlich vorgestellt. Den ersten Satz (Allegro assai) zeichnet der bei Emilie Mayer schon sattsam bekannte klare Aufbau aus: ein kraftvolles Thema im Klavier steht am Anfang, ein zweites, weicheres folgt, gespielt vom Cello und es entwickelt sich ein wunderbar leichter, durchsichtiger Sonatensatz. Satz 2 (Adagio) fliesst ruhig dahin, das Klavier übernimmt wesentliche Teile der Themenarbeit, aber auch in diesem Satz ist der Hörer frappiert vom Geschick der Komponistin, alle drei Instrumente mit all ihren Vorteilen ins rechte Licht zu rücken. Satz 3 (Scherzo – Allegro) nimmt die ernstere Stimmung des ersten Satzes wieder auf, weiß aber im ersten Teil auch mit leichteren Tönen aufzuwarten. Das Trio wiederum ist eher eine ernste Angelegenheit. Das Finale – Allegro con moto – macht seiner Bezeichnung zu Beginn mit dem ersten Thema alle Ehre, ein zweites, erwartbar ruhigeres Thema folgt. Die Durchführung gehört zumeist Thema 1 insgesamt durch die ruhigen Einschübe kein typischer Kehraus-Satz, sondern ein voller, wohl durchdachter Sonatensatz mit einer energischen, leider recht kurzen Coda.

 

Violinsonaten

Violinsonate a-moll op. 18

Die a-moll Sonate stammt aus dem Jahr 1864, gewidmet ist sie dem Historiker Leopold von Ranke. Die Sätze sind bezeichnet: Allegro con brio, Adagio – Allegro agitato, Andante, Allegro con brio. Der erste Satz besitzt einen eher dramatischen, ernsten Unterton, was sich schon im zweiten Thema deutlich hören lässt: es ist in seinem Gestus kaum weicher oder gar lyrischer als das erste Thema. Dem zweiten Satz, dem Scherzo, ist eine ganz kurze langsame Einleitung vorangestellt, das Scherzo selbst besitzt – analog zum ersten Satz – eine gewisse Schwere, trotz mancher leichter Passagen scheint die Stimmung eher etwas trüb. Auch im Andante ertönen immer wieder melancholische, traurige Klänge, von den fast dramatischen Unterbrechungen des musikalischen Flusses einmal ganz abgesehen. Auch letzten Satz bleibt die Stimmung trotz des fröhlich anmutenden zweiten Themas eher trüb. Insgesamt: Bei aller auch in der e-moll Sonate vorhandenen Qualität der thematischen Verarbeitung fehlen fast durchweg die ansonsten bei Emilie Mayer gewohnten so wunderbar griffigen Themen.

Violinsonate e-moll op. 19

Das Stück stammt aus dem Jahr 1867. Die Sätze lauten: Allegro agitato, Scherzo, Adagio, Allegro con brio. Nach einer energischen Klavierintroduktion stellt das Cello das erste Thema vor; nach einer Andeutung im Rahmen der Überleitung erklingt das zweite Thema im Klavier. Die Exposition wird wiederholt, in der Durchführung bestimmt das erste gemeinsam mit der Violine das Geschehen. Eine kadenzartige Passage leitet über zur Reprise, die mit dem zweiten Thema einsetzt, das getragenere Tempo wird fortgesetzt hinein in die Coda, die sich noch einmal mit dem ersten Thema beschäftigt. Im Vergleich zum ersten Satz ist das Scherzo von leichterem Charakter, aber keineswegs leichtgewichtig. Die beiden Instrumente stehen in permanentem spielerischen Fluss miteinander bis hin zu einem fast dialogischen Abschluß. Das Adagio stellt eine typisch Mayersche Kreation in den Mittelpunkt, leicht melancholisch und ergreifend. Diese Motiv durchzieht variiert den gesamten Satz. Der letzte Satz schliesst im Gestus direkt an den ersten Satz an: eher energisch gesetzte Themen und ein durchweg flottes Tempo bestimmen das Ende der leider viel zu selten zu hörenden Sonate.

Violinsonate Es-Dur

Die Es-Dur Sonate als vermutlich letzte in der Reihe der sieben Violinsonaten Emilie Mayers liegt bislang lediglich im Autograph vor. Die Sätze sind ganz schlicht bezeichnet mit Allegro, Andante, Rondo, Finale. Das mit knapp 18 Minuten relativ kurze Werk – klar und prägnant im Aufbau – gehört sicher nicht zu den herausragenden Werken der Komponistin, es gehört eher in die Kategorie, die ein Kritiker wie folgt beschrieb: das Material ist nicht wichtig und eingängig genug, um ein mehr als gelegentliches Hören zu rechtfertigen, aber diese gelegentlichen Besuche werden ganz sicher unterhaltsam sein.   

 

Cellosonate d-moll op. 38

Cellosonate D-Dur op. 47

Zwei von zwölf Cellosonaten aus der Feder von Emilie Mayer, von denen drei zu ihren Lebzeiten gedruckt wurden, neben den beiden Stücken in d-moll und D-Dur die Sonate C-Dur op. 40. Bei beiden Sonaten liegt die Entstehungszeit im Dunkeln, vermutet werden die Jahre zwischen 1873 und 1883.

Das spätere Stück liegt schon seit 1987 aufgrund einer echten Pionierleistung des DLF als Einspielung vor, die Aufnahme der d-moll Sonate entstand 2020 aus einer Initiative des SWR. Beide Stücke sind voller melodischer Schönheit (z.B. die langsame Einleitung der D-Dur mit der Vorausahnung des ersten Themas oder das Adagio der d-moll Sonate), rhythmischen Feinheiten, dabei geprägt von einem Reichtum an wechselnden Klangfarben, die das Hören zu einem steten abwechslungsreichen Vergnügen machen, nicht zuletzt auch deshalb, weil Emilie Mayer vorsichtig, aber deutlich hörbar – insbesondere im eher schwermütigen D-Dur Stück - die klassischen Pfade zugunsten romantisierender Klänge verlässt, dort vermeint man hier oder da auch resignierende Töne zu hören, Emilie Mayer starb noch im selben Jahr.

Interpreten: d-moll op. 38: Janina Ruh, Cello – Boris Kusnezov, Klavier; D-Dur op. 47: Thomas Blees, Cello – Maria Bergmann, KLavier

 

Notturno d-moll für Violine und Klavier op. 48

Das vermutlich letzte Werk von Emilie Mayer, dem ungarischen Geiger Joseph Joachim gewidmet, was dafür spricht, dass sie ihre Komposition für durchaus gelungen hielt, zugleich eines der wenigen Werke, das zügig verlegt wurde, es erschien bereits 1883.

Am Anfang steht ein choralartiges Thema im Klavier, das von der Violine übernommen wird, die auch im weiteren Verlauf des Stücks die Hauptrolle spielen wird, und sich langsam im Charakter ändert und schliesslich wie selbstverständlich in ein Thema 2 übergeht. Kurzer Übergang, dann wieder das Choralthema, figurativ unterlegt, bis zu einem kräftigen Doppel-Forte. Thema 2 übernimmt wieder, der Choral beendet das Stück, ins piano gleitend. Auffällig an diesem Stück sind die häufigen harmonischen Schwankungen, der manchmal unvermittelte Wechsel der Tonart. Es begegnet uns Emilie Mayer am Ende ihres Lebens doch noch als romantische Komponistin.

 

Literatur:

Almut Runge-Woll, Art. Mayer, Emilie in: MGG Online, hrsg. von Laurenz Lütteken, New York, Kassel, Stuttgart 2016ff., zuerst veröffentlicht 2004, online veröffentlicht 2016

Almut Runge-Woll, Die Komponistin E. Mayer (1812–1883). Studien zu Leben und Werk, Ffm. 2003 - Europ. Hochschulschriften R. 36

Heinz-Mathias Neuwirth, Artikel „Emilie Mayer“, in: MUGI. Musikvermittlung und Genderforschung: Lexikon und multimediale Präsentationen, hg. von Beatrix Borchard und Nina Noeske, Hochschule für Musik und Theater Hamburg, 2003ff. Stand vom 5. Juli 2012

Barbara Beuys, Emilie Mayer, Weilerswist-Metternich 2021